Verabschiedung in den (Un-)Ruhestand

Direktor Karl Freller dankt im Namen der Stiftung dem langjährigen Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau: „Albert Knolls Wissen und Engagement waren stets außergewöhnlich. Die Stiftung ist ihm für mehr fast 30 Jahre exzellente Mitarbeit dankbar und hofft auf weitere gute Zusammenarbeit im Kuratorium der Stiftung."

MÜNCHEN, 17. Juni 2024 – Albert Knoll, langjähriger Archivar in der KZ-Gedenkstätte Dachau und seit 2017 Inhaber der Stabsstelle, tritt seinen wohlverdienten Ruhestand an. Zeit, auf seine Laufbahn, seine spannenden Projekte, sein ehrenamtliches Engagement und seine vielen Verdienste zurückzublicken und ihm für all das von Seiten der Stiftung Danke zu sagen.

Albert Knoll studierte Geschichte und Literaturwissenschaften; danach war er zunächst im historischen Archiv des Bayerischen Rundfunks tätig. Er absolvierte eine Ausbildung zum Dokumentar und Archivar. Am 1. Februar 1997 trat Albert Knoll dann die erstmals eingerichtete Stelle als Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau an. Der Zeitpunkt war keineswegs zufällig, seine Einstellung erfolgte im Zusammenhang mit der ersten großen Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Dachau, die anlässlich des 50. Jahrestags der Befreiung des KZ Dachau beschlossen worden war und von 1997 bis 2003 andauerte. Anlässlich seiner Verabschiedung im Kreis zahlreicher Kolleginnen und Kollegen dankte ihm seine langjährige Vorgesetzte, die Leiterin der KZ-Gedenkstätte, Dr. Gabriele Hammermann, im Namen aller ganz herzlich.

Ein Arbeitsleben im Dienst der Erinnerung

Knoll übernahm eine erste Version einer Datenbank, die auf der Basis der Akten des Landesentschädigungsamts über die Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau erstellt worden war. Er hat diese Datenbank in eine inhaltlich und technisch völlig neue Qualität überführt in dem er alle Informationen über die ehemaligen Häftlinge – Dokumente, Bücher, Fotos – miteinander verknüpfte. Wichtig war ihm dabei immer, dass die personenbezogenen Daten der Häftlinge im Mittelpunkt des Archivs stehen. So entwickelte er das Archiv zum Herzstück der Gedenkstätte, das um die Jahrtausendwende zu einer wichtigen Anlaufstelle wurde für Überlebende wurde. Viele von ihnen stammten aus der ehemaligen Sowjetunion und stellten damals bei der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft einen Antrag auf Entschädigung.

Dauerausstellung „Der Weg der Häftlinge”

2002/2003 wurde eine neue Dauerausstellung mit dem Leitmotiv „Der Weg der Häftlinge” eröffnet. Historische Räume wie der „Schubraum“ und das Häftlingsbad sowie das ehemalige Lagergefängnis wurden damals miteinbezogen. Wegweisend war die Öffnung des historischen Lagereingangs. Albert Knoll stellte für die Ausstellung Dokumente, Zeichnungen und Fotos aus dem Gedenkstättenarchiv zur Verfügung. Aus in- und ausländischen Archiven wurden zahlreiche Dokumente, Objekte, Fotografien, Filme und Zeichnungen zusammengetragen. Auch Überlebende und ihre Familien stellten viel Material zur Verfügung. Eine spannende, von vielen politischen Diskussionen begleitete und herausfordernde Zeit.

Enge Zusammenarbeit und Verbundenheit mit Holocaust-Überlebenden

Zur Seite standen ihm damals Überlebende wie Max Mannheimer, Stanislaw Zamecnik aus Tschechien und Albert Theis aus Luxemburg. Für alle Überlebenden und ihre Familien war Albert Knoll ein vertrauter Ansprechpartner und enger Freund. In dieser Zeit wuchs auch das Videoarchiv der KZ-Gedenkstätte mit Zeitzeugeninterviews.

Das Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau

Ganz wichtig war Albert Knoll das „Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau“, in erster Linie, um die Würde der Verstorbenen zu bewahren und den durch Mord, Folter und unmenschliche Lebensbedingungen zu Tode gekommenen Opfern des Konzentrationslagers ihren Namen wieder zurückzugeben. Knoll leitete das mehrjährige Forschungsprojekt dazu. Bei der bewegenden Veranstaltung zur Veröffentlichung des Totenbuchs 2012 verlasen Schüler/-innen die Namen in der jeweiligen Landessprache.

Die Opfergruppe homosexuelle Häftlinge des KZ Dachau

Seit fast 30 Jahren forscht und publiziert Albert Knoll zu der lange verdrängten Opfergruppe der homosexuellen Häftlinge des KZ Dachau und kämpft für die Rechte von Schwulen und Lesben. Er hat vieles dazu publiziert, unter anderem 1998 einen Aufsatz in den Dachauer Heften unter dem Titel „Totgeschlagen – totgeschwiegen. Die homosexuellen Häftlinge des KZ Dachau“. Er ist Vorstand und Gründungsmitglied des Forums Queeres Archiv München und verantwortet im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit Ausstellungsprojekte und Publikationen. In dieser Funktion schlägt die Stiftung Bayerische Gedenkstätten ihn dem Stiftungsrat als neues Mitglied im Kuratorium vor und hofft auf eine entsprechend fortgesetzte gute Zusammenarbeit auch in der Zukunft. Äußerst bekannt und beliebt sind seit vielen Jahren seine Fahrradtouren zu historischen Orten des Nationalsozialismus und der jüdischen Geschichte in München.

Auszeichnungen

Im Jahr 2015 wurde Albert Knoll für seine Arbeit als Archivar mit dem „Archivist of the Year Award“ der gemeinnützigen Scone Foundation in New York ausgezeichnet. 2016 erhielt er vom Comité International de Dachau (CID) den André-Delpech-Preis, 2017 ehrte ihn dann die Landeshauptstadt München mit der Medaille ‚München leuchtet – Den Freundinnen und Freunden Münchens‘. Albert Knoll engagiert sich seit Jahrzehnten in der Erinnerungsarbeit. Seine Tätigkeit auf allen genannten Feldern möchte er unbedingt als politische Arbeit verstanden wissen.