Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten beteiligt sich bei der Aktion "München liest aus verbrannten Büchern" mit einer Lesung aus Lion Feuchtwangers Roman „Erfolg“
Lion Feuchtwanger zählte in der Weimarer Republik zu den einflussreichsten Persönlichkeiten im Literaturbetrieb. 1925 gelang ihm der schriftstellerische Durchbruch mit dem Roman „Jud Süß“. 1930 erschien der erste Band seiner „Wartesaal“-Romantrilogie „Erfolg“. Der Roman gilt wegen seiner satirischen Darstellung der Stadt München, der genauen Beobachtung der politischen Gegenwart und der detaillierten Darstellung der zahlreichen Milieus als eines seiner stärksten Werke. Die Folgewerke der Wartesaal-Trilogie „Die Geschwister Oppermann“ und „Exil“ wurden zu Bestsellern und machten Feuchtwanger auch im englischsprachigen Raum populär.
Lion Feuchtwanger wurde 1884 in München in eine großbürgerliche, fromme jüdische Familie geboren.1907 promovierte er im Fach Germanistik und arbeitete danach zunächst als Journalist in Berlin. Schon früh erkannte er sehr hellsichtig die Gefahren die von Hitler und der NSDAP ausgingen, und verarbeitete sie in satirischen Texten. Im November 1932 brach er gemeinsam mit seiner Ehefrau Marta zu Vorträgen nach London und in die USA auf. Die nationalsozialistische „Machtergreifung“ Ende Januar 1933 machte ihre Rückkehr nach Deutschland unmöglich. Feuchtwanger galt den Nationalsozialisten nämlich als einer ihrer intellektuellen Hauptgegner. Seine Bücher wurden Opfer der Bücherverbrennung 1933.
Ab 1933 lebten Lion und Marta Feuchtwanger in Frankreich im Exil. 1941 gelang den Eheleuten über Spanien und Portugal die Flucht in die USA, wo Feuchtwanger bis zu seinem Tode im Jahr 1957 in Kalifornien lebte. Er gilt heute als einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Die „schwarzen Liste“ und ihre Folgen
Die Werke verbotenen Autorinnen und Autoren wurden während der Nazi-Diktatur anhand der sogenannten ‚schwarzen Liste‘ von Universitätsbibliotheken, Leihbüchereien und Buchhandlungen ausgesondert. Die entsprechenden Bücher wurden dann in öffentlich inszenierten Verbrennungen „wider den undeutschen Geist“ vernichtet. Am 10. Mai 1933 fanden gleichzeitig an 18 Universitätsstandorten Bücherverbrennungen statt.
München organisierte an diesem Tag gegen das angeblich „volkszersetzende Schrifttum“ eine pompöse Veranstaltung im Lichthof der Münchner Universität. Nach einem nächtlichen Fackelzug durch die Stadt wurde auf dem Königsplatz der Verbrennungsakt inszeniert, die Bücher der „Reichsfeinde“ auf einen Scheiterhaufen geworfen. Nur wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten beteiligten sich freiwillig tausende Münchnerinnen und Münchner an dieser Bücherverbrennung, die von Studierenden der Münchner Universitäten und dem Rektor der LMU organisiert war.
Verbrannt wurden Bücher von Autorinnen und Autoren wie Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, Erich Kästner, Irmgard Keun, Heinrich Mann, Erich Mühsam, Erich Maria Remarque, Joseph Roth, Anna Seghers, Ernst Toller, Kurt Tucholsky, Arnold Zweig und Stefan Zweig. Anders als die Werke dieser Autoren sind viele der damals verbrannten Bücher bis heute weitgehend unbekannt.
„Damit kein Gras über die Geschichte wächst“
„Damit kein Gras über die Geschichte wächst“, organisiert der bekannte Aktionskünstler Wolfram P. Kastner seit 1995 eine öffentliche Lesung, bei der er stets mit einem Brandfleck auf dem Rasen an die Bücherverbrennungen des Jahres 1933 auf dem Königsplatz in München erinnert. Schirmherr der Aktion ist der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Start der Lesungen ist um 11 Uhr vor der Antikensammlung auf dem Königsplatz: Rund 100 Frauen und Männer werden in Fünf-Minuten-Slots aus Büchern vorlesen, die von den Nazis und ihren Sympathisanten am 10. Mai 1933 auf dem Königsplatz verbrannt worden waren. Die Veranstaltung beginnt um 10:00 Uhr mit der Kunstaktion “Brandfleck”. Zwischen 11 und 18 Uhr finden durchgehend Lesungen aus Büchern statt, die 1933 verbrannt wurden. Für die Stiftung Bayerische Gedenkstätten liest Alexandra Perry um 11:20 Uhr. „Gerade jetzt, wo Demokratiefeinde, Militaristen, Nationalisten und Propagandisten aller Art herumschwirren, ist es besonders wichtig, dass diese Texte für Menschlichkeit, Verständigung, Frieden, Demokratie und Menschenrechte öffentlichen gelesen werden“, teilt das Institut für Kunst und Forschung als Veranstalter mit.
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