Nachlese: Befreiungsfeier KZ Flossenbürg – 78ter Jahrestag mit Live-Übertragung im Internet

Sieben Shoa-Überlebende aus der ganzen Welt reisten zur Feier an. Stiftungsdirektor Freller betonte in seiner Rede die Bedeutung von zivilgesellschaftlichem Engagement für die Erinnerungsarbeit und die Notwendigkeit der Aufarbeitung der NS-Verbrechen gegenüber allen Opfergruppen. Tags zuvor war eine Bronzetafel in Erinnerung an die Zeugen Jehovas eingeweiht worden, die im KZ Flossenbürg ihr Leben verloren hatten.

Am Sonntag, den 23. April 2023 jährte sich die Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg durch die US-Armee zum 78. Mal. Das ganze Wochenende über wurde in verschiedenen Veranstaltungen an die tausenden Opfer dieses Schreckensorts des nationalsozialistischen Terrorregimes erinnert. Der Bayerische Staatsminister Joachim Herrmann und Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm betonten in ihren Reden die Bedeutung von Erinnerungsarbeit und den Wert von Gedenkstätten.

Zentrale Gedenkfeier mit Kranzniederlegung

Am Sonntag ab 14.30 Uhr fand die zentrale Gedenkfeier statt. Nach der Begrüßung durch den Leiter der KZ-Gedenkstätte, Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, erinnerte der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, in seinem Grußwort an die Bedeutung von gesellschaftlichem Engagement, besonders in der Erinnerungsarbeit. Dabei gedachte er im Speziellen auch derjenigen Opfergruppen, die in der Vergangenheit wenig Aufmerksamkeit oder Anerkennung ihres Leids durch die Gesellschaft erfahren hatten. So war tags zuvor erstmalig eine Gedenktafel zur Erinnerung an die im KZ Flossenbürg inhaftierten und ermordeten Zeugen Jehovas im „Tal des Todes“ enthüllt worden. Vor einem Jahr war eine Stele zur Erinnerung der Opfergruppen nach Paragraf 175 („Homosexuelle“) eingeweiht worden.

Shoa-Überlebender Dr. Leon Weintraub und andere prominente Sprecher

Auch Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration und Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, sprachen zu den etwa 600 anwesenden Besucherinnen und Besuchern, unter ihnen Shoa-Überlebende aus verschiedenen europäischen Ländern und ihre Angehörigen sowie Nachkommen von Überlebenden. Dr. Leon Weintraub, Shoa-Überlebender und ehemaliger Häftling des KZ Flossenbürg, hielt die bewegende Schlussrede. Am Platz der Nationen fand dann im Anschluss die gemeinsame Kranzniederlegung statt.

Umfangreiches Rahmenprogramm mit Begegnungsmöglichkeiten

Die Gedenkfeier war von einem umfangreichen Rahmenprogramm eingefasst: Im einem "Zelt der Begegnung" vor der ehemaligen Kommandantur waren alle Gäste eingeladen, untereinander und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der KZ-Gedenkstätte ins Gespräch zu kommen. Das gesamte Wochenende stand das Archiv-Team als Ansprechpartner für alle zur Verfügung, die sich über die eigene Familiengeschichte, historische Fragen oder mitgebrachte Objekte und Dokumente austauschen wollten. Es bestand die Möglichkeit die Ausstellung „Flossenbürg durch meine Augen“ der internationalen Jugendbegegnung oder auch das DESt-Gebäude auf dem Steinbruchgelände zu besichtigen. Im ehemaligen Häftlingssteinbruch „Wurmstein“ wurden die KZ-Insassen unter unmenschlichsten Bedingungen zur Sklavenarbeit gezwungen. Ziel ist es, diesen Ort in die Gedenkstätte zu überführen.

Die Veranstaltung im Internet: Die Veranstaltung wurde live im Internet übertragen und kann hier nachgesehen werden.

Hintergrundinformation zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg ist der Erinnerungsort für die Opfer des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Flossenbürg. Das Konzentrationslager wurde 1938 errichtet und befand sich in unmittelbarer Nähe der Grenze zur damaligen Tschechoslowakei. Hier wurden zunächst vor allem politische Gegner des Regimes, dann aber auch Homosexuelle, Sinti und Roma sowie Kriegsgefangene aus verschiedenen Ländern und Juden inhaftiert und unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen. Von den ca. 100.000 Menschen, die in Flossenbürg und seinen Außenlagern inhaftiert waren, fanden rund 30.000 den Tod, unter ihnen berühmte Persönlichkeiten wie Dietrich Bonhoeffer. Seit 2003 ist die KZ-Gedenkstätte Teil der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, die maßgeblich vom Freistaat Bayern und der Bundesrepublik Deutschland institutionell gefördert wird.

Einige Eindrücke der Gedenkfeier

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Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, Gedenkstättenleiter, und Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, während ihrer Grußworte
Die Redner: 

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Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des
Inneren, für Sport und Integration
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Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
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Dr. Leon Weintraub, ehemaliger Häftling, Überlebender

Kranzniederlegung am Platz der Nationen:

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Staatsminister Joachim Herrmann und Stiftungsdirektor
Karl Freller vor der neuen Tafel zum Gedenken an die Opfer der Zeugen Jehovas.
alle Fotos: Stiftung Bayerische Gedenkstätten