Gezeichneter Kunstfilm mit Live-Quartett zur Geschichte des Holocaust

Mit Kunst an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern: Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten und die Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU haben zur gemeinsamen Gedenkveranstaltung geladen.

MÜNCHEN / Brüssel  – die Stiftung Bayerische Gedenkstätten und die Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union haben zur belgischen Premiere des Kunstfilmprojektes „Für das Ende der Zeit“ am 26. Oktober 2022 geladen. Schirmherrin des Abends war die Bayerische Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales Melanie Huml, MdL. 
Die Dachauer Künstlerin Esther Glück schuf Zeichnungen zur Musik von Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“, die Tom Gottschalk zu einem Kunstfilm animierte - zur Erinnerung und Ehrung der Opfer der Konzentrationslager.
„Hier werden tiefe menschliche Gefühle angesprochen: bewegende Bilder und eindrückliche Musik machen Sprache überflüssig“, so Stiftungsdirektor Karl Freller in seiner Rede, „das Authentische zu bewahren und das Geschehene bestmöglich zu dokumentieren ist zweifelsfrei eine der Hauptaufgaben der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Die Kunst aber bietet Möglichkeiten, sich im Werk dem Unaussprechlichen zu nähern
.“

Den Abend eröffnete die Leiterin der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU, Frau Barbara Schretter, für die Schirmherrin Staatsministerin Melanie Huml. Nach einer Ansprache des Stiftungsdirektors und 1. Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags Karl Freller gab der belgische Künstler Vincent Lemaire eine Einführung in das künstlerische Werk „Für das Ende der Zeit“. 

Das Projekt startete im Januar 2012. Die Künstlerin Esther Glück und die Pianistin Elena Rachelis entwickelten gemeinsam die Idee, Musik und Bildende Kunst durch ein Konzert und einen Film zu verbinden, zur Erinnerung und zu Ehren der Toten der Konzentrationslager.
Esther Glück erarbeitete anhand der acht musikalischen Sätze das Konzept sowie daraufhin mehrere tausend Zeichnungen, die Kameramann Tom Gottschalk zum Film animierte. Die Bilder erinnern an die erlittenen Qualen der Opfer, aber auch an die in den Lagern gelebten Beispiele von Barmherzigkeit und Widerstand.
Auf Initiative und Einladung der Stiftung Bayerische Gedenkstätten fand im November 2012 die Uraufführung des Films im Bayerischen Landtag in München statt. Seitdem wurde das Werk an mehreren ausgewählten Orten in Deutschland aufgeführt.

Der Kunstfilm wurde mit Livemusik untermalt: Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier nahmen die Teilnehmenden des Abends mit in das Jahr 1941, in dem das Stück „Quatuor pour la fin du temps“ geschaffen und auch uraufgeführt wurde. „,Für das Ende der Zeit‘ bedeutet für mich über alles Thematische hinaus eine Auflösung des herkömmlichen Zeitbegriffs. Würden wir uns mit unserer Vergangenheit und unserer Zukunft auf natürliche Art und Weise verbinden, sie in unsere Gedankenwelt gleichberechtigt aufnehmen, würde es uns vielleicht nicht so schwerfallen, Verantwortung für beides in unserer Gegenwart zu übernehmen. Über eine Pflichtübung hinaus könnte dies ein Weg sein zu einer wirklichen Verbundenheit“, so die Künstlerin Esther Glück zum Kunstfilmprojekt „Für das Ende der Zeit“.

Rund 130 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Nicht nur für die Angehörigen von Überlebenden des KZ Flossenbürg, die unter den Gästen waren, war es ein zutiefst berührender Abend. 

 

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Mitwirkende Künstlerinnen und Künstler

Esther Glück, Bildende Künstlerin; Idee, Zeichnung, Fotografie, Regie
Seit 1994 Ausstellungen und ständige Ausstellungen in internationalen privaten und öffentlichen Sammlungen und Räumen, sowie an Gedenkorten. Seit 1994 Bildhauerin an der Bayerischen Staatsoper München.

Tom Gottschalk, Kameramann; Animation, Schnitt
Seit 2000 Zusammenarbeit als zweiter Kameramann mit Kameramännern wie Roger Deakins: Der Vorleser (2008, Stephen Daldry), Frank Griebe: Das Parfüm (2006, Tom Tykwer), oder Judith Kaufmann: Elser (2015, Oliver Hirschbiegel)

Elena Rachelis, Pianistin; Idee, Klavier
2002 bis 2009 Studium an der Hochschule für Musik Augsburg/Nürnberg bei Prof. Wolfgang Manz, Masterstudium bei Prof. Milana Chernjavska in Feldkirch und Graz.

Elena Graf, Konzertmeisterin; Violine
Seit 2014 Konzertmeisterin an der Staatsoper Stuttgart.

Guillaume Artus, Solocellist; Cello
Seit 2017 stellvertretender Solocellist des Staatsorchesters Stuttgart.

Nemorino Scheliga, Soloklarinettist; Klarinette
Soloklarinettist (NDR-Elbphilharmonie Orchester, Bayerisches Staatsorchester und Sächsische Staatskapelle Dresden).

 

Zum Komponisten Olivier Messiaen
Der französische Komponist, Kompositionslehrer und Organist Olivier Messiaen (1908 - 1992) zählt zu den Wegbereitern der seriellen Musik und ist einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Das „Quartett für das Ende der Zeit“ vollendete der Franzose 1941 als Insasse eines deutschen Kriegsgefangenenlagers. Die Uraufführung fand dort Mitte Januar 1941 statt, bei bitterer Kälte vor ca. 400 Kriegsgefangenen.

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(v.l.n.r.) Vincent Lemaire, Stiftungsdirektor Karl Freller, Elena Graf, Esther Glück, Guillaume Artus, Elena Rachelis, Nemorina Scheliga, Katharina von Schnurbein-Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission und Barbara Schretter, Leiterin der Bayerischen Vertretung in Brüssel.

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Barbara Schretter, Leiterin der Bayerischen Vertretung Brüssel, Stiftungsdirektor Karl Freller und der belgische Künstler Vincent Lemaire
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Fotos: Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU / Fotograf Chris Marchal