Die Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert zum 77. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz an die verfolgte Sinti-Familie Endress.

Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten die Gefangenen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Der Jahrestag wird weltweit als Holocaust-Gedenktag begangen, in Deutschland zudem als Tag des Gedenkens an alle Opfer des Nationalsozialismus. Die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert in diesem Jahr zum Gedenktag besonders an die Verfolgung der Sinti und Roma. Am 27. Januar 2022 wurde auf dem YouTube-Kanal der Versöhnungskirche ein Film veröffentlicht, der ein Gedenken an die ermordeten Mitglieder der österreichischen Sinti-Familie Endress dokumentiert.

Im engen Austausch mit dem 1948 geborenen Dachauer Künstler Alfred Ullrich, dessen Mutter Katharina Endress die Konzentrationslager Ravensbrück und Buchenwald überlebt hatte, hat Dr. Björn Mensing, Pfarrer und Historiker an der Versöhnungskirche, das Verfolgungsschicksal der Familie recherchiert. Katharina Endress und die anderen erwachsenen Kinder der Familie waren bereits 1939 verhaftet und in unterschiedlichen Gefängnissen und Konzentrationslagern interniert worden. Der Leidensweg, der für zwei ihrer Brüder und eine Schwester mit der Ermordung in den KZ-Systemen von Neuengamme, Lublin-Majdanek und Buchenwald endete, lässt sich inzwischen rekonstruieren. Im Dunkeln liegt bisher das Schicksal der Eltern, der sechs jüngeren Geschwister und von Alfred, dem kleinen Sohn von Katharina Endress, die die NS-Zeit nicht überlebt haben. Nach dem aktuellen Forschungsstand gehörten diese Mitglieder der Familie Endress mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den etwa fünftausend Sinti und Roma, die im November 1941 aus Österreich ins Ghetto Lodz verschleppt wurden.

Björn Mensing erinnerte daran mit einem schlichten Gedenken im kleinsten Kreis am 16. Januar in der Versöhnungskirche auf dem Gelände des einstigen Konzentrationslagers Dachau. Dabei sprach er auch den Antiziganismus nach 1945 an. Anschließend zeigte er Alfred Ullrich die markierten ehemaligen Standorte von Block 25 und Block 23. In diesen KZ-Baracken waren seine Onkel Rudolf, Otto und Theodor Endress zeitweise interniert gewesen. Begleitet wurde das Gedenken von Anna Zhukovets, Studentin an der Hochschule für Fernsehen und Film München, und Artur Weigandt, Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München. Die beiden drehen im Auftrag des Münchner Vereins RomAnity ein Filmporträt über Alfred Ullrich, dass zum Internationalen Tag der Roma am 8. April veröffentlicht werden soll. Zum Gedenktag am 27. Januar produziert Anna Zhukovets vorab einen Film über das Gedenken, das sie bewegte: „Ich habe das Gedenken in der Versöhnungskirche so gefilmt, dass man immer wieder die Reaktion von Herrn Ullrich beobachten kann. Das fand ich sehr emotional.“

Der Film (Regie, Kamera und Montage: Anna Zhukovets; Ton: Artur Weigandt) ist auf dem YouTube-Kanal der Versöhnungskirche verfügbar.