Zum zehnten Europäischen Holocaust-Gedenktag an die Opfer des Porajmos, des Völkermordes an den europäischen Sinti und Roma

Stiftungsdirektor Karl Freller mahnt: „Antiziganismus ist längst nicht überwunden. Das Gedenken an die Opfer des Porajmos verpflichtet uns zu kontinuierlicher Bildungs- und Erinnerungsarbeit – heute und zukünftig!"

MÜNCHEN, 01.08.2025 – Am 2. August 2025 gedenkt Europa der Opfer des Genozids an den Sinti und Roma – 80 Jahre nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Ende des Zweiten Weltkriegs. „Auch 80 Jahre nach der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur ist Antiziganismus nicht überwunden“, mahnt Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. „Das Gedenken an die Opfer des Porajmos verpflichtet uns zu kontinuierlicher Bildungs- und Erinnerungsarbeit  heute und zukünftig. Denn Bildung und Erinnerung sind mächtige Werkzeuge. Nutzen wir sie, um eine gerechtere und tolerantere Zukunft zu gestalten.“

Wie dringend diese Mahnung ist, zeigt der dritte Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) von April 2025: Mit 1.678 dokumentierten Vorfällen gegen Sinti und Roma verzeichnet Deutschland 2024 einen besorgniserregenden Anstieg um 36% gegenüber dem Vorjahr. Nur in sechs der deutschen Bundesländer, darunter Bayern, ist die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus regional vertreten.

Der Völkermord an den Sinti und Roma zählt zu den größten Verbrechen des Nationalsozialismus. Bis zu 500.000 Sinti und Roma wurden in ganz Europa verfolgt, in Konzentrationslager deportiert und ermordet. Auch in den bayerischen Konzentrationslagern Dachau und Flossenbürg und deren Außenlagern waren hunderte Sinti und Roma inhaftiert und mussten unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Nach 1945 blieb ihre Verfolgung lange unbeachtet. Eine angemessene Entschädigung erfolgte nur zögerlich ab den 1980er-Jahren („Wiedergutmachungsleistung“).

Am 4. April 2025 erinnerte die KZ-Gedenkstätte Dachau im Rahmen eines feierlichen Gedenkens an den Hungerstreik von 1980 in der KZ-Gedenkstätte. Sinti, die den Holocaust überlebt hatten, kämpften damals für ein Ende der polizeilichen Sondererfassung, die Herausgabe von NS-Akten und die Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma. Der Hungerstreik rückte die anhaltende Diskriminierung der Minderheit in das öffentliche Bewusstsein und bildete eine wichtige Grundlage für die spätere Anerkennung des Völkermords durch die Bundesregierung.

Das Europäische Parlament erklärte 2015 den 2. August zum europäischen Gedenktag für Sinti und Roma. Das Datum bezieht sich auf die Nacht vom 2. auf den 3. August 1944, in der die SS die letzten 4.300 inhaftierten Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordete.

Öffentlicher Themenrundgang in der KZ-Gedenkstätte Dachau

Anlässlich des Gedenktages bietet die KZ-Gedenkstätte Dachau am Samstag, den 2. August 2025, um 14:00 Uhr einen öffentlichen Themenrundgang zu „Sinti und Roma im KZ Dachau" an. Anhand biografischer Beispiele wird das Schicksal der im KZ Dachau inhaftierten Sinti und Roma beleuchtet, insbesondere die großen Transporte vom 24./25. Juni 1938 und 28. Juni 1939. Der zweistündige Rundgang macht die Geschichte dieser lange vernachlässigten Opfergruppe sichtbar.

Anmeldung sind über die Webseite der KZ-Gedenkstätte Dachau (www.kz-gedenkstaette-dachau.de) oder am Veranstaltungstag an der Infotheke des Besucherzentrums bis spätestens 13:45 Uhr möglich. Die Teilnahme kostet 4 Euro (ermäßigt 2 Euro), der Rundgang ist barrierefrei zugänglich.