„Ein historischer Schritt für die Erinnerung“ – Stiftungsdirektor Freller zur Übertragung des historischen Bunkergeländes im Mühldorfer Hart an die Stiftung Bayerische Gedenkstätten

MÜHLDORF AM INN, 1. Oktober 2025 – Mit Wirkung zum heutigen Tag ist das historische Bunkergelände im Mühldorfer Hart in den Besitz der Stiftung Bayerische Gedenkstätten übergegangen. Bei dem gemeinsamen Notartermin im Landratsamt Mühldorf unterzeichneten Stiftungsdirektor Karl Freller und Bereichsleiter Sören Krekeler von den Bayerischen Staatsforsten die Übertragungsurkunde.

„Mit der Übertragung des historischen Bunkergeländes an die Stiftung Bayerische Gedenkstätten gehen wir einen weiteren bedeutenden Schritt für die Erinnerungskultur in Bayern. Wir wissen um das dunkle Kapitel, das mit dem KZ-Außenlager Mühldorf verbunden ist, und stellen uns der geschichtlichen Verantwortung. Auf diesem Gelände kann nun ein Erinnerungsort entstehen, an dem wir das Gedenken an die Opfer lebendig halten und es für die kommenden Generationen bewahren“, hob Kultusministerin Anna Stolz in ihrer Funktion als Stiftungsratsvorsitzende hervor.

Mit der heutigen Übertragung des historischen Bunkergeländes an die Stiftung Bayerische Gedenkstätten ist – so Stiftungsdirektor Karl Freller – „der Grundstein für einen neuen, bedeutenden Ort des Erinnerns gelegt. Dass dieser Schritt nun möglich ist, erfüllt eine lang gehegte Erwartung – auch Max Mannheimer hat sich immer wieder mit Nachdruck für die Bewahrung dieses Areals eingesetzt.“ Freller betont zugleich die historische Dimension: „Der Bunkerbogen ist ein einzigartiges Zeugnis nationalsozialistischer Zwangsarbeit in Bayern. Ihn zu einem Lern- und Erinnerungsort zu entwickeln, heißt nicht nur, an die Opfer zu erinnern, sondern auch das Vermächtnis jener weiterzutragen, die wie Max Mannheimer niemals müde wurden, für die Erinnerung einzutreten.“

Die Unterzeichnung der Übertragungsurkunde fand im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Staatsministerien sowie der Politik und engagierten Bürgerinnen und Bürgern statt. Landrat Max Heimerl hieß die Gäste mit bewegenden Worten willkommen: "Heute ist ein bedeutender Tag für unseren Landkreis und seine Geschichte. Mit vereinten Kräften ist es gelungen, eine komplexe Herausforderung zu bewältigen und damit den Weg für den dritten Gedenkort im Mühldorfer Hart zu ebnen. Dieser Schritt markiert einen wichtigen Meilenstein, aber keinen Schlusspunkt. Jetzt gilt es, die Erinnerungskultur im Landkreis mit den Gedenkorten im Mühldorfer Hart dauerhaft lebendig zu gestalten.“ Anschließend sprach Dr. Marcel Huber, langjähriger Förderer des Projekts, über die entscheidenden Schritte auf dem Weg zu diesem Tag. Vertreten waren unter anderem die Bürgermeister Josef Grundner aus Ampfing und Josef Eisner aus Mettenheim sowie der Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer.

Nach der Einweihung der ersten beiden KZ-Gedenkorte im Mühldorfer Hart – dem „Waldlager“ sowie dem ehemaligen Massengrab – im Jahr 2018 beginnt nun die Planung und Realisierung des dritten KZ-Gedenkortes an der heute noch sichtbaren Bunkerbaustelle. Grundlage hierfür war die im Jahr 2021 erfolgreich abgeschlossene Kampfmittelräumung des stark belasteten Geländes durch das Bayerische Staatsministerium des Innern sowie ein umfangreicher Flächentausch durch das Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern. Abteilungsleiterin Barbara Donaubauer erläutert: „Durch Bodenordnung ist es uns gelungen, das Eigentum am Bunkergelände an den Freistaat Bayern zu übertragen. Mit den Instrumenten der Ländlichen Entwicklung können wir Nutzungskonflikte entflechten und so weit über Fragen von Landwirtschaft und Infrastruktur hinauswirken. Im Mühldorfer Hart haben wir einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur geleistet. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus sieht darin ein Beispiel verantwortungsvoller Zukunftsgestaltung im ländlichen Raum.“

Dr. Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, betont ebenfalls: „Das Bunkergelände im Mühldorfer Hart ist ein Ort des Leidens und der Zwangsarbeit tausender KZ-Häftlinge. Dass es nun in die Verantwortung der Stiftung Bayerische Gedenkstätten übergeht, ist ein entscheidender Schritt, um diesen Ort in seiner historischen Dimension sichtbar zu machen. Für die KZ-Gedenkstätte Dachau bedeutet das zugleich die Möglichkeit, die Geschichte der Außenlager noch deutlicher in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.“

Die Übertragung an die Stiftung ist dabei das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit von zahlreichen bayerischen Behörden, Ministerien, Kommunalvertretungen sowie engagierten Einzelpersonen. Zur Unterstützung des Vorhabens führt Dr. Heinz Utschig, Leiter des zuständigen Forstbetriebs Wasserburg aus: „Es war uns ein großes Anliegen, im Rahmen des Flächentauschs die Voraussetzungen für einen würdigen Erinnerungsort zu schaffen. Als Bayerische Staatsforsten tragen wir Verantwortung für Natur und Kultur gleichermaßen – dazu gehört auch, historische Orte wie das Bunkergelände im Mühldorfer Hart für kommende Generationen zu bewahren. Wir sind dankbar, dass wir mit unserem Beitrag einen Teil zur Erinnerungskultur in Bayern leisten konnten.“ Die Bayerischen Staatsforsten stellten für das Verfahren Tauschflächen zur Verfügung, sodass die rund 17 Hektar im Privatbesitz befindlichen Grundstücke der Bunkerbaustelle übertragen werden konnten.

Im Rahmen des Gesamtkonzeptes für den Erinnerungsort Mühldorfer Hart wird in den kommenden Jahren ein KZ-Gedenkort an der heute noch sichtbaren Bunkerbaustelle errichtet. Die Gestaltung des neuen Gedenkorts folgt dem prämierten Entwurf des renommierten Büros für Landschaftsarchitektur und Stadtplanung Latz + Partner. Die Bauplanung übernimmt das Staatliche Bauamt Rosenheim. Ziel der Errichtung ist es, den bisher nur eingeschränkt zugänglichen Ort zu einem modernen Informationsangebot zum Thema KZ-Außenlagerkomplex Mühldorf weiterzuentwickeln. Realisiert wird das Vorhaben mit Mitteln des Freistaats Bayern und inhaltlich begleitet durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus.

Im Zuge der erforderlichen weiteren Maßnahmen zur Verkehrssicherung und archäologischen Untersuchung wird das Gelände vorerst nicht frei zugänglich sein.

 

Zum Hintergrund:

Zwischen Sommer 1944 und der Befreiung Ende April 1945 mussten mehr als 8.000 Häftlinge des KZ Dachau in fünf KZ-Außenlagern im Landkreis Mühldorf am Inn Zwangsarbeit verrichten. Sie wurden für die Untertageverlagerung der deutschen Rüstungsindustrie eingesetzt. Ziel der deutschen Militärführung war der Bau eines halbunterirdischen Bunkers zur Produktion von Kampfflugzeugen. Etwa die Hälfte der KZ-Häftlinge starb vor Ort an den katastrophalen Bedingungen, nach der Deportation in ein Vernichtungslager oder auf Todesmärschen.

Luftaufnahme; in der Mitte sind Reste des Betonbunkerbogens zu sehen, umgeben von WaldBlick auf den Bunkerbogen im Mühldorfer Hart, Foto: Rainer Viertlböck